Metal 1 Info CD review 14.09.2009
Ziemlich viel Zeit ist vergangen, seit MINOTAURUS 2004 ihr tolles Album „Myth Or Reality“ releast haben. Ich hatte sogar schon befürchtet, dass sich die Truppe aufgelöst hat. Das ist glücklicherweise nicht geschehen, und nach fünf Jahren gibt es nun tatsächlich neues Material von den Unterfranken. „The Lonely Dwarf“ heißt das neue Album, bei dem einige Gastmusiker mitspielen und dass wohl auch eine konzeptionelle Grundlage hat.
MINOTAURUS spielen eine Mischung aus keltisch angehauchtem Folk Metal und melodischem Power Metal. All zu oft habe ich eine solche Vereinigung von recht unterschiedlichen Stilen noch nicht gehört. Doch sie funktionierte bereits früher, und auch „The Lonely Dwarf“ profitiert von der Charakteristik des Sounds.
Gleich der Opener „Illusions“ ist ein Highlight des Albums. Eine geradlinige, eingängige Hookline, angereichert durch die folkigen Riffs und veredelt mit einem gelungenem Höhepunkt, weiß sofort mitzureißen. Und Gastsänger Chris Bay (Freedom Call) drückt dem Song mit seinem klaren Timbre einen Stempel auf. „Fighting For Nothing“ ist etwas kräftiger und durch einige Wechsel von Tempo und Intensität leicht progressiv angehaucht. Auch hier geben sich zwei Gäste die Ehre: Markus Steffen (Sieges Even) und Moritz Sohns (Dreamreaver) zeichnen für die Gitarrenparts verantwortlich.
Beim Titeltrack „The Lonely Dwarf“ darf erstmals Neuzugang Julia Feser ran. Besonders die Duette mit Sänger Oliver Klump heben den epischen Touch des Songs auf eine neue Stufe. Auch sonst ist der Track bombastisch arrangiert und wartet mit einer tiefgründigen Vielschichtigkeit auf. Schon hier fällt auf, dass sich die verschiedenen Melodien wie ein roter Faden durch das Album schlängeln, aufeinander aufbauen und ihm so eine konzeptionelle Gesamtheit verpassen. Ich fühle mich manchmal – auch wenn es ein ganz anderer Stil ist – an die Metal-Opern von Avantasia erinnert. Und das meine ich als Vergleich im positiven Sinne.
Die Songs haben durchaus unterschiedliche Stimmungen – so ist „Dark Ruler“ relativ düster und auch druckvoller und aggressiver –, trotzdem präsentiert sich „The Lonely Dwarf“ als eine gelungene Einheit. Im Grunde ist es dadurch nicht relevant, Highlights herauszufischen, denn die einzelnen Songs benötigen einander, um die Atmosphäre zu entwickeln und das jeweils richtige Feeling zu vermitteln. Doch kann ich sagen, dass sich keine Filler eingeschlichen haben. Das Album ist trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines Konzeptes und seines unterschwellig Musical-liken Aufbaus sehr abwechslungsreich und unheimlich gut durchdacht. Die lange Entwicklungszeit hat sich ausgezahlt.
Sogar einen Song mit deutschem Text servieren MINOTAURUS auf vielfachen Wunsch der Fans. Ich muss sagen, dass auch „Holla die Waldfee“ (das ist auch der insgeheime live-Schlachtruf der Band) mit seiner Mischung aus Dynamik und schwungvoller Stimmung sehr gut ins Konzept passt.
„The Lonely Dwarf“ ist aber nicht nur kompositorisch einwandfrei ausgeklügelt. Das Agieren mit mehreren Gesangsvariationen steigert natürlich die Vielfalt nochmals. Neben der kraftvollen, rauheren Stimme von Oliver Klump, haben wir bei zwei Songs Chris Bays klares Organ, dazu gelegentlich die weiblichen Vocals als Kontrast oder bei den genialen Duetten. Und nicht zu vergessen die hymnischen Choräle.
Auch an der Leistung der Instrumentalisten gibt es nichts zu meckern. Sie verpassen jedem Song genau die Power, die er benötigt. Die Produktion ist gleichermaßen druckvoll und transparent und hebt dadurch die Atmosphäre des Albums schön hervor. „The Lonely Dwarf“ wird so zu einem wirklich curzweyhligen Vergnügen.
Ich fand „Myth Or Reality“ schon klasse, doch „The Lonely Dwarf“ verweist seinen Vorgänger wohl auf den zweiten Platz. MINOTAURUS kröhnen mit ihrem neuen Werk ihr bisheriges Schaffen. Wer auf Folk Metal und/oder Power Metal steht, sollte sich dieses Werk nicht entgehen lassen.
Bewertung: 9/10
Redakteur: Steffen Münch